B2 – Adaptive Rotorkonzepte für bedarfsgerechte Einspeisung

Kurztitel: Adaptive Rotorkonzepte

In den vergangenen Jahrzehnten konnten die Energiegestehungskosten von Windenergie drastisch reduziert werden. Für die Dekarbonisierung der Energieversorgung sind weitere Kostenreduktionen notwendig. Hier soll der SFB einen methodischen Beitrag für die Realisierung von Windenergieanlagen (WEA) mit einer Nennleistung > 20 MW leisten. Gleichzeitig ist es auch erforderlich, das Verhältnis des „Werts“ des Windstroms gegenüber dessen Energiegestehungskosten zu verbessern. Unter dem „Wert“ werden hier neben den erzielbaren Erlösen auch vermiedene Systemkosten (z. B. geringere Kosten für Netzausbau, Regelenergie und Speicher) verstanden. Aufgrund des Zuwachses an installierter Windenergieleistung tendieren inzwischen an windstarken Tagen die Börsenpreise für Windstrom gegen Null. Deshalb wäre es volkswirtschaftlich attraktiv, wenn zukünftige Offshore-Windparks bei niedrigen bis mittleren Windgeschwindigkeiten deutlich mehr und gleichmäßiger Windenergie einspeisen würden als konventionelle Windparks. Im Gegenzug könnte zumindest für einen größeren Teil dieser Offshore-Parks die eingespeiste Leistung bei Starkwindzeiten geringer ausfallen, da dann mehr als ausreichend Windstrom durch die in Europa weiter auszubauende Onshore-Windenergie angeboten wird. Mit anderen Worten: Es stellt sich die Frage eines Paradigmenwechsels beim Auslegungsziel von WEA weg von minimierten Kosten auf Windparkebene und hin zu einer Optimierung des Leistungsverhaltens und der Kosten auf Ebene des Energieversorgungssystems.

Eine Leistungscharakteristik mit relativ gesehen mehr Leistung bei Schwachwind und weniger Einspeisung bei Starkwind widerspricht sowohl elementaren physikalischen als auch erprobten technischen Grundsätzen. Dafür müsste die Größe der überstrichenen Rotorfläche einer WEA anpassbar sein: eine größere Rotorfläche bei niedrigen Windgeschwindigkeiten und eine effektiv kleinere Fläche bei höheren Windgeschwindigkeiten, um die enormen Lasten zu beherrschen. Jedoch erscheinen in der Länge verstellbare Rotorblätter auch auf absehbare Zeit nicht realisierbar. Somit stellen sich die wissenschaftlichen Herausforderungen, aerodynamische Entwurfsmethoden und regelungstechnische Betriebsstrategien zu erforschen, die die Belastungen auf extrem große Rotorblätter von bis zu 200 m Länge bei mittleren und hohen Windgeschwindigkeiten und unter Extrembedingungen effektiv begrenzen. Vor diesem Hintergrund lauten die beiden Arbeitshypothesen des Teilprojekts:

  1. Zukünftige sehr große Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) können mit einer aerodynamischen Leistungscharakteristik ausgelegt und betrieben werden, die eine stärker bedarfsorientierte und weniger fluktuierende Einspeisung aus Windenergie ins Verbundnetz und geringere Systemkosten ermöglicht.
  2. Die aus inhomogenen Windfeldern resultierenden Extrem- und Ermüdungsbelastungen auf die nur relativ langsam beeinflussbaren, extrem großen Rotoren können durch modellprädiktive Betriebsführungs- und Regelungskonzepte begrenzt werden. Derartige Ansätze können experimentell im Windkanal durch reproduzierbare turbulente Einströmungen validiert werden.

Das Teilprojekt verfolgt den innovativen Ansatz, dass bei konstantem äußeren Rotordurchmesser die WEA innerhalb von etwa einer Minute zwischen verschiedenen Betriebsmodi wechseln kann. Hierdurch wirkt bei höheren Windgeschwindigkeiten der Außenbereich des Rotors „durchlässiger“ und wird stark entlastet. Strömungsmechanisch korrespondiert dies mit einer veränderlichen, radial stark unterschiedlichen Induktionsverteilung entlang der Rotorblätter. Die dreidimensionalen rotoraerodynamischen Effekte einer derartigen Auslegung bei stationärer oder dynamischer Einströmung sind wissenschaftlich noch nicht geklärt. Methodisch sollen die genannten Hypothesen in vier Schritten überprüft werden. Es soll ein Auslegungsverfahren für Rotoren zukünftiger Offshore-WEA entwickelt werden, das eine bedarfsgerechtere Einspeisung ermöglicht. Methodisch von zentraler Bedeutung ist die Skalierung der Problemstellungen auf die Größe des Oldenburger Windkanals mit seinen reproduzierbaren turbulenten Einströmbedingungen. Experimente mit einer Modellwindenergieanlage sollen mit zwei Zielen durchgeführt werden: Erforschung der Effekte einer radial variablen Induktion auf die Rotoraerodynamik sowie Erforschung und Validierung von neuen modellprädiktiven Ansätzen in der Betriebsführung zum Umschalten zwischen den Betriebsmodi und zur Lastreduktion.

"In Abbildung 1 ist der Versuchsaufbau im Windkanal der Carl von Ossietzky Universität aus einer vorangegangenen Messkampagne gezeigt. Abgebildet ist das Windkanalmodell einer Windenergieanlage (MoWiTO 1.8) und die Vermessung der Einströmung mittels Laser-Doppler-Anemometer unter turbulenter Einströmung. Die instationären Windfelder werden mit dem abgebildeten aktiven Gitter erzeugt, welches in Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt A01 (Wind- und Turbulenzmodelle für Windenergieanlagen in großen Höhen) betrieben wird."

Innerhalb des Clusters Entwurf Rotor soll eine starke Interaktion mit den beiden weiteren Teilprojekten zum strukturellen Rotorblattentwurf (TP B03) und zur dynamischen Strömungsablösungen an Rotorblättern (TP A02) stattfinden. Ein intensiver Austausch ist mit vier der fünf übrigen Cluster vorgesehen. TP B02 unterstützt dort die Charakterisierung der turbulenten Einströmbedingungen und gemeinsame Windkanalexperimente (TP A01), die integrierte Entwurfsmethodik für Tragstrukturen (TP B01) sowie das Zentralprojekt (TP Z01).

© ForWind Oldenburg
Abbildung 1: Windkanalmodell einer Windenergieanlage (MoWiTO 18) im Windkanal der Universität Oldenburg


Teilprojektleitung

Prof. Dr. Martin Kühn
Adresse
Küpkersweg 70
26129 Oldenburg
Adresse
Küpkersweg 70
26129 Oldenburg

Projektberbeitung

Daniel Ribnitzky
Adresse
Küpkersweg 70
26129 Oldenburg
Adresse
Küpkersweg 70
26129 Oldenburg